CHARLOTTE KOLLMORGEN - ANMERKUNGEN ZUM WERK EINER MALERIN

Prof. Dr. Johannes Eucker, Hochschule der Künste Berlin

Seite 3


Was hält eine Malerin der Gegenwart von Farbenlehren? Haben sie ihre künstlerische Praxis gefördert oder bestimmt? - Charlotte Kollmorgen kennt Farbenlehren, von Hölzel und Itten beispielsweise, aber bewusste Verwendung davon macht die Malerin nicht. Bewusst grenzte sie eine zeitlang Schwarz aus, alle Schatten malte sie farbig, wenige Werke ausgenommen, die diese Regelhaftigkeit bestätigen.

Das gibt vielen ihrer Werke dieser Zeit eine impressionistische Leichtigkeit und erzeugt den Eindruck von Licht. Gelegentlich beschränkt sie ihre Palette, malt Ton in Ton. Überwiegend ist ihre Farbgebung kräftig, auch kontrastreich. Immer zeigt sich eine bewusste Regulierung und Unterordnung der Farbgebung unter einen Gesamteindruck. Alles Störende, Aggressive, Destruktive wird vermieden.

Die schwarzen Bilder - etwa ab 1991 - sind im Zusammenhang mit der „collagentherapeutischen“ Tätigkeit der Malerin als Lehrbeauftragte entstanden.

In ganz anderer Haltung als in ihrer sonstigen künstlerischen Praxis macht sie gemeinsam mit ihren Studenten Collagen, greift scheinbar zufällig zu farbigem und nun auch zu schwarzem Bildmaterial. „Das Intellektuelle des Fachmannes ist dabei auszublenden.“, sagt sie. So entdeckt sie erneut Schwarz als künstlerisches Gestaltungsmittel, setzt sich wieder mit der Farbe Schwarz auseinander, arbeitet sich durch die Vielfalt der Schwarztöne in ihren Kompositionen. - Seit dieser Zeit steht sie (wieder) zu allen Farben.

Besonders in ihren kleinen Bildern mit den zentral angeordneten Kreisformen springt eine bemerkenswerte künstlerische Haltung ins Auge. Es ist die Freude am und die Bereitschaft zum bildnerischen Experimentieren. Josef Albers hat in seinem Werk und in seinem Buch „Interaction of Colors“ diese experimentelle Haltung für den modernen Künstler betont und vorgeführt. In diesen kleine Arbeiten verwendet sie Aquarellfarben, aber in ganz unspektakulärer Weise.

Das Thema und die Bildtitel entstehen bei der Künstlerin nicht gleichzeitig. Statt Themen sollte man in ihren Bildern vielleicht eher so etwas wie ein malerisches Ziel (Kandinsky) zu identifizieren suchen, das sich im Prozess aus der „innerlich-zweckmäßigen Unterordnung“ der Einzelelemente und des Aufbaus konstituiert. Im Nachhinein erfindet die Künstlerin dann - oft als Wahrnehmungshilfe für die Betrachter - einen Bildtitel.

Die Bildgegenstände bzw. die malerischen Ziele haben ihre Wurzeln in zwei Bereichen. Zum einen gründen sie sich auf Gesehenes und Erlebtes, das sich benennen lässt, z.B. eine Reise nach Indien oder Lettland. Diese Bilder nennt Charlotte Kollmorgen folgerichtig „Impressionen“ oder „India“ oder „Das geheimnisvolle Tor“, ja sogar „Ganges“. Andere Bildsujets steigen auf aus dem Vor- oder Unbewussten.

Der Bildentwurf besteht als Struktur und Farbkomposition bereits vor dem Malakt. Die Künstlerin führt diese Arbeitsweise auf ihre berufliche Prägung als Grafikerin zurück. Sie hat ein malerisches Ziel vor Augen, bevor sie anfängt zu arbeiten. Die Details dagegen und Variationen der Idee werden hervorgebracht und greifbar erst im Akt des Malens. Sie verdichten sich dabei - innerlich zweckmäßig - zu einem erkennbaren, auch näherungsweise bezeichenbaren malerischen Ziel. Bildtitel sind „Bewegtes Blau“, „Verdichtungen“. Wie Vorstellungen von Prozessen des Werdens und Vergehens können Werke mit folgenden Titeln anmuten: „Entwicklungen in verschiedenen Richtungen“, „Fortgang“, „Übergänge“, „Wachsendes“. “Leben“, „Welterneuerung“.

Was ist nun sichtbar geworden im Entstehungsprozess ihrer Bilder? Kollmorgens Bilder legen sich nicht fest, sie legen die Betrachter nicht fest. Sie sind polyvalent, von verschiedenen Betrachtern unterschiedlich lesbar, interpretierbar und bewertbar. Jeder Betrachter wird möglicherweise eine andere Tendenz erkennen: Ist es das Erhabene eher oder das Alltägliche, das Besondere eher als das Allgemeine, das Religiöse oder das Weltliche, das Öffentliche oder das Intime, das Zentrale oder das Exzentrische, das Lebendige oder das Tote, das Rationale oder das Mystische, das Innere oder das Äußere? -

<<Zurück 1 2 3 4 Weiter>>


© 2001 by Charlotte Kollmorgen All rights reserved. All images are sole property of the artist. Site design by L&M Designs, 2001. Please report any problems to Webmaster at L&M Designs

Number of Visitors: